Wieder ein Monat in dem wir viel erlebt haben: schöne Situationen, traurige Momente, Empörung, Wut, Aussichtslosigkeit, Stärke und Leidenschaft.
NIMA
Die kleine Seele kam am Ende der Regenbogenbrücke an und wurde gefragt «Was war das Schönste in deinem Leben?» – «Ich wurde geliebt», antwortete sie.
Nima wurde Mitte Oktober 2020 auf die Finca Noah gebracht. Man sah sofort, dass sie krank und schwach war. Ihr Fell war verklebt und schmutzig. Farah fackelte nicht lange, packte die Katze ins Auto und fuhr mit ihr in die Tierklinik. Dort hat man leider festgestellt, dass Nima einen schon relativ grossen Tumor in der Lunge hatte, einen Pilz im Mund-Rachen-Bereich und auch sonst in einem ganz schlechten Zustand war. Farah entschied, Nima auf die Finca Noah zu nehmen um ihr dort – so lange es ethisch vertretbar war – die bestmögliche Behandlung und Pflege zu geben. Nima wurde unsere Hof-Katze und alle wussten, dass sie etwas Besonderes war.
Bevor wir Nima nun über die Regenbogenbrücke gehen lassen mussten, ist sie zwei Mal für mehrere Tage verschwunden. Damals haben wir alle gedacht, dass sie sich zum Sterben zurückgezogen hat. Aber beide Male kam sie zurück in ihr Zuhause, zu ihrer Familie. Am Ende hat sie uns aber deutlich gezeigt, dass ihr Weg mit uns ein Ende haben soll. Wir vermissen sie, aber sind glücklich, dass sie auf der Finca Noah, noch sieben Monate ein schönes zu Hause hatte, wo sie von allen geliebt wurde.
SIMBA
Simba hat sein Glück gefunden. Der stämmige Deutsche Schäferhund mit dem süssen Blick war nur rund zwei Wochen auf der Finca Noah. Simba wurde abgegeben, weil die Besitzer-Familie keine Zeit für ihn hatte und er so sein Leben alleine im Garten einer Finca verbringen musste. Kaum wurde das erste Video von Simba publiziert, war er auch schon reserviert! Ein paar Tage später landete seine neue Mami auf Mallorca um ihn abzuholen. Simba wurde wenige Tage vor seinem Abflug in die Schweiz noch untersucht, kastriert und auf Leishmaniose getestet (das Thema Leishmaniose, respektive die richtige Aufklärung über diese Krankheit, die ohne richtige Behandlung zum Tode führen kann, ist für Farah eine Herzensangelegenheit). Alle Befunde waren positiv, Simbas grosser Reise stand nichts mehr im Wege.
Wir freuen uns für Simba, dass er mit seiner neuen Familie jetzt Dinge erleben kann, die er vorher nicht kannte. Dass er nicht mehr alleine, sondern immer um eine Person herum ist, die ihn liebt und ihn umsorgt. Dass er zum ersten Mal ein richtiges Dach über dem Kopf hat, wo es im Winter schön warm und im Sommer schattig kühl ist. Wir freuen uns aber auch für die Familie, dass sie endlich ihren Herzens-Hund gefunden hat.
SHUGGER
Mit Shugger hat Farah ein Pointer-Mix-Weibchen vor dem Verhungern gerettet, das – zusammen mit alten Matratzen, Möbeln und Müll – einfach auf einem Grundstück zurückgelassen wurde. Ihre Familie, die zurück nach Deutschland ging, hatte das kleine Hündchen einfach sich selbst überlassen, weggeschmissen, entsorgt. Man findet keine Worte!
Shugger ist eine etwa 10 Monate alte, 45 cm grosse und ca.10 kg schwere fröhliche, aufgestellte, lustige Hündin, die sich sofort in alle Herzen schmeichelt. Nicht nur zu allen Menschen ist sie aufgeschlossen, sondern auch zu Hunden und Katzen. Sie liebt es, mit anderen Hunden zu spielen, ins Wasser zu gehen, Sachen zu lernen (auch ohne Läckerlis) und auf Stühlen zu schlafen.
MACHO
Macho ist ein Spitz, 5 Jahre alt, 33 cm gross und ca. 5 kg schwer, der von einer spanischen Tierschützerin auf die Finca Noah gebracht wurde. Der arme Kerl wurde als Zucht-Rüde missbraucht und hat sein ganzes bisheriges Leben in einer engen Hunde-Box verbracht. Jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde seines bisherigen Daseins war der kleine Macho in dieser Box eingesperrt, nur weil ein Mensch Profit aus ihm schlagen wollte. Eine arme, kleine Hundeseele, die als Zuchtmaschine missbraucht wurde und nicht als Familienmitglied geliebt. Als wir ihn das erste Mal auf den Boden stellten und er somit das erste Mal in seinem Leben richtigen Boden unter den Füssen hatte, nicht eingesperrt war und die ganze Welt vor sich hatte, wusste der kleine Kerl gar nicht was ihm geschah. Ganz still und steif stand er vor uns. Und dann liessen wir die Hunde von Farah zu ihm – und aus dem kleinen, unsicheren Hund wurde innert Minuten ein kleiner, fröhlicher Macho mit glänzenden Augen und einem Lächeln im Gesicht.
Macho ist ein richtiger Sonnenschein. Von der ersten Sekunde an hat er sich super gut ins Hunderudel integriert. Auf Katzen oder andere Tiere reagiert er nicht. Macho kann sich gut zurückziehen, wenn es ihm zu hektisch wird. Er liebt es gestreichelt zu werden, trotzdem ist er noch sehr verhalten und steif, wenn man ihn berührt. Macho ist wirklich ein wiffes, interessiertes Kerlchen, der jetzt zum ersten Mal in seinem Leben die Welt entdecken kann.
King und Quenni
Unsere Sorgenkinder hat Farah nach einem Hilferuf einer aufmerksamen Mitarbeiterin einer Tötungsstation dort rausgeholt. Zwei gebrochene Seelen, Kettenhunde, die nur zum fressen von der Kette durften. Sie wurden zum Fressnapf geprügelt und mussten schnell alles in sich hinein schlingen. Wer zu langsam war, wurde geschlagen, misshandelt, erniedrigt und entwürdigt.
Als King und Quenni zu uns kamen, haben beide schon 7 Tage das Essen verweigert. Vielleicht weil das ihre traumatischen Erlebnisse aufflackern liess, vielleicht weil sie einfach aufgegeben hatten. Wir wissen es nicht. Aber nicht nur, dass sie das Essen verweigerten, sie waren apathisch, verängstigt, verunsichert und gebrochen.
Wir legten sie nach der tierärztlichen Erstversorgung (zum Glück hat Farah einen grossen VW-Bus) im Zwinger nebeneinander und fingen an, ihre Verletzungen zu behandeln und ihnen hunderte von Zecken aus dem Fell zu entfernen. King und Queeni liessen alles mit sich geschehen. Am selben Tag standen die beiden irgendwann auf und zwängten sich gemeinsam in die Holz-Box im Inneren des Zwingers. Dort blieben sie vorerst. Da wir wussten, dass der Tierquäler ein Mann war, war klar, dass die Betreuung von King und Quenni nur eine Frau übernehmen konnte. Tja und wer ist bei uns immer auf dem Hof? Natürlich Farah! Die fing dann auch gleich an, die Beiden mit frischem Hackfleisch zu «bestechen» – was natürlich funktioniert hat. King und Quenni fingen an zu fressen und das am ersten Tag. In dem Moment hatten wir alle ein gutes Gefühl von Freude, Hoffnung und Zuversicht, dass wir es schaffen würden, den beiden Seelen ein neues, schönes Leben ohne Gewalt, Missbrauch und Angst geben zu können.
Aber dann kam die erste Nacht! Die beiden Hunde wüteten stundenlang in ihrem Zwinger. Sie bellten, jaulten und zerstörten alles, was sie zerstören konnten. Farah und Mike mussten mehrmals raus zum Zwinger, um die zwei grossen Hunde zu beruhigen. (In den folgenden Nächten ging es genauso weiter: die Hunde zerstörten, die Menschen haben versucht sie zu beruhigen.)
Am nächsten Morgen trauten wir unseren Augen nicht. Verwüstung pur! Wir hatten ja schon einige Hunde bei uns, die hin und wieder in «Party-Stimmung» waren und die Energie dann am Zwinger abbauten. Aber eine solche Verwüstung haben wir noch nie gesehen. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir nicht, warum die beiden so randalierten. War es Verzweiflung, Angst, zu viel Energie, Langeweile?
Für Farah war schnell klar, dass wir externen Rat suchen mussten. Sie postete in den sozialen Medien die Geschichte von King und Quenni und bekam darauf viele Ratschläge, Meinungen und Hinweise. Parallel dazu versuchte sie herauszufinden, welcher Hunderasse die Beiden angehören konnten.
Schon am dritten Tag wurden die beiden Hunde lebendiger, präsenter, lauter, auffälliger und aggressiver. Aber immer nur, wenn niemand im oder vor dem Zwinger stand. Sobald sich jemand dem Zwinger näherte, verschwanden sie in ihre Box. Und plötzlich hatte Farah ein Gefühl, das sie noch nie hatte. Ein Gefühl von Angst. Sie konnte es nicht beschreiben, es war ein Bauchgefühl und es musste etwas mit Quennis Blick zu tun haben. Von da an traute sich Farah abends beim letzten Durchgang nicht mehr ohne weibliche Begleitung in den Zwinger. Ihre Angst wurde immer grösser und King und Quenni wurden immer auffälliger. Die beiden Hunde fingen an ihren Zwinger als Revier zu betrachten und dementsprechend war auch ihr Verhalten. Jetzt wussten wir, dass es nicht reichte, von den Menschen aus den sozialen Medien Ratschläge zu bekommen. Wir mussten professionelle Hilfe haben.
Farah kontaktierte die bekannte Wolfsexpertin Anna Hein (www.camchatca.de) mit der sie schon oft tierschützerisch zusammenarbeitete. Nachdem Anna alle Fakten zu King und Quenni kannte, riet sie uns, die beiden so schnell wie möglich zu trennen. Anna sagt ausserdem, dass die beiden Hunde mit grösster Wahrscheinlichkeit Herdenschutzhunde und daher nachtaktiv seien. Solche Hunde seien kaum erziehbar, weil der Schutz der Herde tief in ihren Genen liege (solche Hunde wissen ganz tief in ihrem Inneren, was ihre Aufgabe ist: die Schafe in ihrem Revier mit allen Mitteln zu beschützen).
Und sie sagte weiter, dass man solche Hunde nicht unterschätzen soll. Denn wenn es um das Schützen von Revier oder Schafen gehen würde, kann es passieren, dass Herdenschutzhunde sogar ihren eigenen Meister angreifen, wenn dieser in der Nacht das Revier betreten würde. Nach diesen Aussagen wurde Farahs Angst nicht wirklich kleiner… Die Tatsache, dass einer der beiden Hunde austicken könnte und wir die Beiden so schnell wie möglich trennen mussten, beschäftigte nicht nur Farah, sondern das ganze Team.
Und dann kam Jutta. Eine bodenständige Powerfrau mit über 40 Jahre Erfahrung im Tierschutz. Eine gelernte Tierheim-Expertin. Sie fackelte nicht lange, ging in den Zwinger hinein und ohne zu zögern leinte sie Quenni an. Diese fing natürlich an sich zu wehren, aber Jutta blieb ganz gelassen, professionell und sicher. Sie ist sehr erfahren mit Hunden und das konnte man bei jeder Bewegung sehen. Quenni versuchte noch zu sperren, sich zu wehren, als Jutta sie aus der Box zog. Als die Hündin aber merkte, dass Juttas Wille und Entschlossenheit stärker waren, gab sie auf. Sie liess sich fallen und wurde gleich wieder apathischen, willenlos, ängstlich, verunsichert und gebrochen. Farah musste Quenni schliesslich in ihren neuen Zwinger tragen und dies sogar ohne Maulkorb.
Die beiden Hunde waren getrennt – und wir erleichtert aber auch traurig, dass wir ihnen das nehmen mussten, was sie in ihrem Leben immer hatten: den «Anderen». Quenni vergrub sich in ihre neue Box, wo sie tagelang blieb. Auch King, lag nur noch herum. Man sah die Traurigkeit, die Angst und das «Gebrochen» sein in seinen Augen. Was hatten wir diesen armen Geschöpfen nur angetan? Wir Tierschützer. Wir waren schuld, dass sie jetzt zum zweiten Mal gebrochen wurden. Unser schlechtes Gewissen, begleitete uns von da an jede Minute. Die beiden Hunde lagen nur noch in ihren Boxen. Sie standen nicht einmal mehr auf, um «ihr Geschäft» zu verrichten. Farah konnte sie zwar von Hand füttern, aber richtig gegessen haben sie nur in der Nacht. Aber nicht nur das: in der Nacht wurden die Beiden wieder aktiv. Sie jaulten und bellten und natürlich zerstörten sie wieder alles, was nicht niet- und nagelfest war (Boxe, Boden, Gummiteppiche, Wände etc.), King hat eines Nachts sogar versucht, die massiven Gitterstäbe des Zwingers zu zerstören. Mit seiner enormen Kraft, seiner Entschlossenheit und einem Ziel, irgendwie zu Quenni zu gelangen, schaffte er es tatsächlich mit der Nase die Gitter auseinander zu drücken.
Ein paar Tage nach der Trennung wurde es eines Morgen sehr schnell, sehr hektisch auf der sonst so friedlichen Finca Noah. Wir hörten nur wie Mike schrie: «Quenni ist ausgebrochen!». Im Schock reagierte das ganze Team wie von der Tarantel gestochen. Die sechs Hunde, die frei auf dem Hof herumliefen, wurden ins Haus gebracht, jemand schnappte sich Leine und Maulkorb und alle stürmten aus dem Haus. Aber wo war Quenni? Bei den Pferden war nichts zu sehen, bei den Hasen, den Hunden in den Zwingern und bei den Katzen auch nicht. Auch sonst konnte man sie nirgends ausmachen. Schliesslich fanden wir sie, per Zufall, in einer dunklen Ecke zwischen Grundstückzaun und Gartenhaus. Im gleichen Zustand, wie wir sie schon zwei Mal erlebt hatten: apathischen, willenlos, ängstlich, verunsichert und gebrochen. Und wieder musste Farah sie tragen. Dieses Mal aber zurück in ihren alten Zwinger, zu ihrem Bruder, in ihre gemeinsame Holz-Box.
Das war für uns der schönste Momente im Monat Mai. Der erste Kontakt der beiden Hunde, nachdem sie tagelang getrennt waren. Quenni schmiegte sich an ihren Bruder und der leckte ganz sanft ihre Schnauze ab. In dem Augenblick war eine Stille, eine Zufriedenheit, Erlösung und pures Glück zu spüren.
Rückblickend war es falsch, die beiden zu trennen. Für das Team zwar einfacher um mit den Hunden zu arbeiten und besser für einen Beziehungsaufbau. Aber für King und Quenni waren die Tage der Trennung einfach nur die Hölle. Die zweite schon.
Farah konnte in den Tagen als die beiden getrennt waren, nicht nur die Beziehung zu King vertiefen, sondern auch zu Quenni ein Verhältnis aufbauen und hat jetzt Respekt, aber keine Angst mehr.
Wir wissen im Moment auch nicht wirklich wie weiter. Farah wird weiterhin versuchen an die richtigen Kontakte zu kommen. Fakt ist: King und Quenni können nicht einfach vermittelt werden. Die müssen zu einem Profi, der sich mit Herdenschutzhunden auskennt, sie trainiert und/oder zum Arbeiten braucht. Aber das wird bei den Beiden nicht so einfach sein, denn diese Hunde haben massive Gewalt erlebt. Gewalt, die ihnen ein Mann zugeführt hat.
Frühlings-Katzenbabys
Wieder ist Frühling und wieder versinkt die Insel in einem Meer von unkastrierten Katzen und ihren Babys. Aktuell haben wir drei Katzenmamas mit ganz, ganz vielen Babys bei uns.
Mike
Nein, für unseren Hofmeister suchen wir kein neues Plätzchen – den geben wir nicht mehr her! Aber Mike hatte Pech. Er ist in seiner Freizeit mit dem Skateboard so unglücklich gestürzt, dass er seinen linken Arm gebrochen hat und jetzt für zwei Wochen mit einem Gips herumläuft Mike fehlt mit seiner Tatkraft jetzt an allen Ecken und Enden der Finca Noah und wir wünschen ihm schnelle, gute Besserung.
Und zum Schluss noch ein paar schöne Frühlings-Impressionen aus der Finca Noah.
Geschrieben von Nadia & Roger